Im Zusammenhang mit Corona und Lüftungs- und Klimaanlagen tauchen viele Fragen auf: Können sich Viren über Lüftungsanlagen verbreiten? Soll die Lüftungsanlage abgeschaltet oder anders eingestellt werden? Gibt es Massnahmen, um die Sicherheit zu erhöhen? In diesem Beitrag geben wir Ihnen eine kompakte Übersicht über den aktuellen Stand und zeigen Ihnen auf, mit welchen Massnahmen Sie die Luftqualität in Wohn- und Geschäftshäusern während der Pandemie optimieren können.
Virengefahr durch Komfortlüftungen?
Das Wichtigste gleich am Anfang: In Gebäuden mit einer Komfortlüftung besteht kein erhöhtes Infektionsrisiko. Es existieren keine wissenschaftlichen Studien, die eine Verbreitung von Viren über eine Komfortlüftung belegen. Komfortlüftungsanlagen garantieren einen regelmässigen Luftaustausch in Wohn- und Bürogebäuden und führen allfällig kontaminierte Innenluft ab. Eine korrekt eingestellte Komfortlüftung sorgt für ein gesundes Raumklima und wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus. Das BAG empfiehlt daher explizit, Komfortlüftungen eingeschaltet zu lassen und allenfalls sogar die Lüftungsstufe zu erhöhen.
«…, wenn Sie in einem Gebäude mit mechanischer Lüftung (Komfortlüftung) wohnen oder arbeiten, haben Sie kein erhöhtes Risiko, sich anzustecken. Ihr Gebäude ist mit einem Lüftungssystem ausgestattet, das für eine gute Durchlüftung der Räume sorgt.»
Bundesamt für Gesundheit (BAG)
Wie funktioniert eine Komfortlüftung?
In gut gedämmten Wohn- und Bürogebäuden erreicht man über das Lüften via Fenster keinen ausreichenden Luftaustausch. Meist gibt es auch gefangene Räume, die über gar keine Fenster verfügen. Es kommt darum eine so genannte Komfortlüftung zum Einsatz. Diese Anlage saugt frische Aussenluft an und verteilt sie mit Hilfe eines zentralen Lüftungsgerätes über – in der Decke oder im Fussboden verlegte – Luftkanäle im Gebäude. Gleichzeitig wird die verbrauchte Raumluft abgeführt. Die in der Abluft enthaltene Wärme wird über einen Wärmetauscher entzogen und – ohne direkten Luftaustausch (WRG Plattentauscher-System) – an die Zuluft abgegeben. Mit modernen Komfortlüftungen kann die zugeführte Frischluft zusätzlich erwärmt oder gekühlt werden – sie dienen also auch zur Klimatisierung. Komfortlüftungsanlagen sind mit Filtern ausgestattet, die Staub, Pollen und andere Partikel aus der Zu- und Abluft filtern.
Empfehlung: RLT-Anlagen mit Umluftanteil abschalten
Neben der Komfortlüftung existieren auch dezentrale Lüftungslösungen für einzelne Räume oder Gebäudebereiche (RLT-Anlagen) und so genannte Umluftsysteme. Bei Letzteren wird die vorhandene Raumluft lediglich umgewälzt und dabei gefiltert, erwärmt oder gekühlt – es handelt sich also nicht um eine Lüftung im eigentlichen Sinn. Es gibt aktuell keine gesicherten Erkenntnisse darüber, ob durch solche Geräte Viruspartikel aufgewirbelt werden. Fachexperten empfehlen, Umluft-Geräte in der aktuellen Corona-Situation nicht einzusetzen.
Fragen Sie uns, wenn Sie nicht sicher sind, welches Lüftungssystem bei Ihnen installiert ist. Wir beraten sie gerne und zeigen Ihnen Optimierungen auf.
Die Lüftungsanlage/Klimaanlage regelmässig reinigen lassen
Für eine gute Luftqualität braucht es eine einwandfrei funktionierende und hygienische Lüftungsanlage/Klimaanlage. Im Rahmen regelmässiger Unterhaltsarbeiten müssen die Filter gewechselt und das Lüftungsgerät sowie die Luftkanäle gereinigt werden. Ein hoher Hygienestandard und eine gute Luftqualität haben keinen direkten Einfluss auf die Verbreitung oder Vermehrung des Corona-Virus. Saubere Luft wirkt sich jedoch generell positiv auf die Gesundheit und die körpereigene Abwehr aus und leistet so indirekt einen Beitrag im Kampf gegen das Corona-Virus.
Betreiber von Lüftungs- und Klimaanlage sind verpflichtet, ihre Anlagen regelmässig einer Hygieneinspektion zu unterziehen. (SWKI-Richtlinie VA104-01:2019). Bei Anlagen ohne Befeuchtung alle drei Jahre, bei Anlagen mit Befeuchtung alle zwei Jahre.
Darum lohnt sich eine regelmässige Reinigung der Lüftungsanlage/Klimaanlage:
- Saubere Luft für Mitarbeitende und Kunden
- Reduktion des Brandrisikos (Staub, Fette)
- Reduzierter Energieverbrauch
- Längere Lebensdauer der Anlage
- Einhaltung der Normen und Vorschriften gemäss SIA- und SWKI-Richtlinien
Die optimale Luftfeuchtigkeit liegt zwischen 30 und 40 Prozent
Sind bei einer Lüftungs- oder Klimaanlage bereits Luftbefeuchter eingebaut, empfehlen wir den Weiterbetrieb mit niedrigen Zielwerten (zwischen 30 % und 40 % relativer Luftfeuchtigkeit). Bei allen Luftbefeuchtern, speziell bei solchen mit adiabatischem Prinzip, ist eine regelmässige Wartung und Reinigung essenziell. Eine nachträgliche Installation von Luftbefeuchtern allein aufgrund der aktuellen Corona-Situation erachten wir als unnötig.
Für zusätzliche Sicherheit die Wärmetauscher auf Dichtheit überprüfen
Im Wärmetauscher einer RLT-Anlage wird die Wärme der Abluft an die einströmende Zuluft übertragen. Bei einem intakten, korrekt montierten Plattentauscher kommt es dabei zu keinem Luftaustausch, das heisst, Zu- und die Abluft zirkulieren in hermetisch getrennten Kreisläufen. Als zusätzliche Corona-Sicherheitsmassnahme kann der Plattenwärmetauscher auf Dichtheit überprüft werden. Das Wärmerückgewinnungssystem sollte im Winter grundsätzlich eingeschaltet werden, um Energie zu sparen.
Filter der Lüftungsanlage regelmässig wechseln
Der regelmässige Filterwechsel gehört zu den wichtigsten Unterhaltsarbeiten bei einer Lüftungs-/Klimaanlage. Es sind Filter in unterschiedlichen Filterklassen verfügbar. Der heutige Standard in Büro- und Wohngebäuden ist die Filterstufe F7. Wichtig: Beim Wechsel auf eine höhere Filterstufe sollte die Gesamtluftmenge kontrolliert werden – siehe nächster Abschnitt.
Luftmengen periodisch messen und Luftmengen optimieren
Die Luftmengen einer Lüftungsanlage/Klimaanlage werden bei der Inbetriebnahme einreguliert und gemessen. Während dem Betrieb erfolgen häufig Umnutzungen von Räumen, Anpassungen an den Raumaufteilungen oder Anpassungen an der Luftverteilung. Es lohnt sich, die Luftmengen periodisch zu messen und an die veränderten Bedürfnisse anzupassen. Als Corona-Massnahme kann für gewisse Raumzonen ein geringerer Sollwert der Luftqualität eingestellt werden. Auf diese Weise wird die Luftmenge früher erhöht und trägt so zur Durchspülung bei. Mit einem Zeitprogramm kann auch ein Spülbetrieb für Sitzungszimmer oder häufig genutzte Büros eingerichtet werden.
Corona-Viren durch technische Massnahmen eliminieren
Bei der Diskussion rund um RLT-Anlagen und das Corona-Virus tauchen auch die Stichworte Ionisierung bzw. Ionisatoren, Luftdesinfektion durch UV-C-Licht bzw. Ultraviolettstrahlung, Ozonisierung und Elektrofilter auf.Bei den erwähnten Methoden handelt es sich um zwei physikalische Vorgänge, die Viren eliminieren können:
Ionisierung – Partikel laden und abscheiden
Bei der Ionisierung werden Luft-Moleküle elektrisch geladen und damit zu Ionen (elektrisch geladene Teilchen). Durch diese elektrostatische Aufladung haften die Ionen an Viren, Bakterien und weiteren Partikeln. Die Ionen mit den Partikeln werden durch nachgeschaltete Metallplatten mit umgekehrter elektrischer Ladung angezogen und abgeschieden.
Bestrahlung – Keime und Viren abtöten
UV-C-Strahlen sind kurzwellig (100 – 280 nm) und sehr energiereich. Im Bereich 260 nm haben die Strahlen einen stark keimtötenden Effekt. Mit der Strahlung wird der Luftsauerstoff in Aktivsauerstoff und Ozon umgewandelt. Das Ozon tötet die Mikroorganismen ab und wandelt sie zu Kohlendioxid und Wasserdampf um. Auch Fette, Öle, Gerüche, Tabakrauch und andere organische/anorganische Verbindungen werden so umgewandelt.
Die beiden Methoden zur Luftreinigung werden kontrovers diskutiert. Studien mit positiven Resultaten stehen solche mit einem eher negativen Fazit entgegen. Insbesondere der Einsatz von Ozon zur Luftreinigung wird kritisch betrachtet. Wir sind der Auffassung, dass sich eine zentrale Ionisierung im Zuluftkanal positiv auf die Virenlast in den Innenräumen auswirkt. Durch eine intelligente Steuerung können unerwünscht Nebenerscheinungen auf ein Minimum reduziert werden. Wir raten jedoch davon ab, einzelne Luftreiniger, die mit einer der beschriebenen Technologien arbeiten, direkt in den Innenräumen zu platzieren.
Autor
Roger Hauswirth
Projektleiter HLKS